Objekte der Ausstellung und ihre Geschichte
Kurt
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Kurt, Qurt, Qurut (kasachisch, kirgisisch, usbekisch, tadschikisch).
Kurt sind getrocknete Bällchen aus gesalzenem Rohmilchquark.
Sie können verschiedene Größe haben, von 5 mm bis 5 cm.
Je kleiner sie sind, desto schneller trocknen sie und desto härter
werden sie und desto länger sind sie haltbar. Die Kühe in
Mittelasien sind klein und robust, gut an das harte Klima und die
kärgliche Vegetation angepasst. Sie geben relativ wenig Milch,
und im Winter kann der Milchfluss ganz versiegen. Deswegen wird die
Milch haltbar gemacht: In Form von gesalzener Butter, die in Schafsblasen aufbewahrt
wird, und in Form von Kurt. Diese Kügelchen lassen sich wie Drops im Mund
hin- und herschieben, dabei lösen sie sich langsam auf.
Man kann sie auch heißer Brühe hinzufügen, so erhält man eine sämige Suppe.
Mit Kurt ist man das ganze Jahr über gesund ernährt
und erhält genügend Kalzium. Aber auch im Sommer wird Kurt gern genommen,
er gleicht den Mineralienverlust aus, zu dem es kommt, wenn man viel schwitzt.
Porzellan-Püppchen aus Kasachstan
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Ich (Dagmar Schneider) bekam diese beiden Püppchen Mitte der 90er Jahre von den kasachischen Arbeitskollegen aus dem Nationalen Komitee für Statistik geschenkt.
Damals gab es noch keinen Tourismus und keine Andenkenindustrie.
Immer wenn wir zusammen arbeiteten, wurde im Anschluss gesungen.
Jemand hatte eine Dombra dabei, dieses ganz typische zweisaitige Zupfinstrument der Steppenvölker,
deren Geräusche an Hufgetrappel erinnern. Fast alle Kollegen konnten diese Dombra spielen und dazu
Lieder improvisieren. Mit ihren klaren, weittragenden Stimmen sangen sie voller Inbrunst und sehr
textsicher wunderschöne Melodien.
Musik ist eine wichtige Daseinsform der Steppenvölker, über die Musik wurde früher,
als die meisten Menschen nicht schreiben konnten, das historische Wissen weitergegeben.
Regelmäßig fanden Sängerwettbewerbe teil, an denen sich sowohl Männer als auch Frauen beteiligten.
Auch heute hat Musik einen hohen Stellenwert in Kasachstan.
Apfel aus Stoff
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Apfel heißt auf kasachisch Alma. Es gibt Frauennamen, die an den Apfel erinnern: Alma, Almagül (Apfelblüte). Viele Orte führen den Apfel im Namen: Almatau, Almalyk ...
Die ehemalige Hauptstadt Kasachstans hieß früher Alma-Ata,
Vater des Apfels. Heute ist der korrekte historische Name wieder gebräuchlich:
Almaty, Apfelort. Der Apfel ist allgegenwärtig im Südosten Kasachstans - der Heimat
des Wildapfels Malus Siewersii. Der Urahn unseres Kulturapfels Malus domestica
wächst am Rand der Gebirge Tarbagatay, Dzhungarischer Alatau und Tien Schan.
Er ist ein genetischer Schatz, der dringend schützenswert ist.
Auch für die vor ca. 120 Jahren erstmal gezüchtete Kulturapfelsorte Aport
ist die Gegend um Almaty berühmt.
Die Aktivistin Azhar Dzhandossowa aus Almaty möchte den Apfel erhalten,
nicht nur im Namen der Stadt. Der Wildapfel, der in den Vorbergen,
in den Gärten und auf Streuobstwiesen wächst, ist kostbar.
Um dieses Ziel zu erreichen lässt die Aktivistin Stoffäpfel in großer Zahl
herstellen, die an Gäste der Stadt verkauft werden und an gute Freunde verschenkt
werden. Einen dieser Äpfel sehen sie hier.
Tulpenmagnet
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Die Umweltschutzorganisation Green Salvation in Almaty ist für ihre seriösen wissenschaftlichen und praktischen Naturschutzprojekte bekannt und auch für sehr gute Öffentlichkeitsarbeit.
Dieser Magnet zum Beispiel zeigt eine der über 40 Wildtulpenarten,
die in Kasachstans Wüsten, Steppen und lichten Bergwäldern wachsen:
Die Tulipa buhseana.
Green Salvation macht auf die Schutzbedürftigkeit der wilden Tulpen aufmerksam,
denn viele Menschen pflücken die farbenfrohen Frühblüher gern und bringen
sie damit allmählich zum Verschwinden. Auch die zunehmende Urbachmachung der
Steppen durch landwirtschaftliche Erschließung gefährdet die wunderschöne
Flora dieses Ökosystems.
Von Ende März bis Anfang Juni kann man die wilden Tulpen in Kasachstan
blühend erleben, die Kernzeit ist April – Anfang Mai.
Stofftier Kamel
Kasachstan 1990er Jahre
Leihgabe von Dagmar Schreiber
In ihrem Film "Die Heinrichs" erzählt Ulla Lachauer die Geschichte einer typischen russlanddeutschen Familie, die nach dem Ende der sogenannten Kommandantura, der strengen Wohnortbindung, von ihrem Verbannungsort im kalten Sibirien wegziehen will.
In ihre Heimat an der Wolga dürfen sie nicht zurück.
Sie träumen von Wärme und Sonne, Melonen und Kamelen, denn die leben dort, wo es warm ist. Kamele sind aber auch in der Lage, Kälte und Entbehrungen auszuhalten, das bringt sie den Russlanddeutschen nahe.
Ihr Traum vom Kamel führt die Heinrichs nach Kasachstan, Dzhambul, heute Taraz. Sie waren dort eine Familie von gefragten Automechanikern.
Das sind sie auch jetzt noch - in Deutschland haben sie sich eine gesicherte Existenz aufgebaut.
Matrjoschka
Leihgabe von Maria
Kaum ein Spielzeug wird so sehr mit Russland verbunden wie die Matrjoschka. Und tatsächlich sind diese aus Holz gefertigten, bunt bemalten Puppen die Erfindung des russischen Künstlers Sergei Wassiljewitsch Maljutin.
Das Besondere an diesem Spielzeug ist, dass die Figuren ineinander geschachtelt werden können.
Das satte Rot der Puppen spielt auf den Sarafan an, das leuchtend rote Trachtenkleid russischer
Frauen. Die Matrjoschka gibt es in vielen deutschen und auch russlanddeutschen Haushalten.
Für russlanddeutsche Familien ist die Matrjoschka nicht nur ein Spielzeug, sondern auch ein
Talismann. Sie wird verbunden mit Mutterschaft, Fruchtbarkeit, einem warmen Herd, Überfluss
und Heimat.
Dieses Exemplar ist eine Leihgabe von Maria. Sie sieht es sehr gerne, wenn Ihre
Enkelkinder damit spielen.
Samowar aus Kasachstan
Leihgabe von Maria
Wasserkocher sind sehr praktisch und im Alltag benutzt Maria, die uns dieses Objekt lieh, ein schlichtes elektrisches Gerät.
Doch schöner ist es, Tee aus einem Samowar zu trinken.
Maria brachte diesen Samowar aus Kasachstan mit.
Sie nutzt ihn zu besonderen Gelegenheiten.
Ursprünglich wurde ein Samowar mit Holzkohle oder Petroleum beheizt.
Moderne Modelle funktionieren mit elektrischen Heizelementen. Die Wassermenge
des Samowars reicht für viele Tassen Tee, denn oben auf dem Deckel wird eine
kleine separate Kanne mit Teekonzentrat aus losen Schwarzteeblättern gesetzt.
Dieses Konzentrat kann über Stunden warmgehalten und verwendet werden.
Den trinkbaren Tee erhält man erst, wenn eine kleine Menge Teekonzentrat mit dem
kochenden Wasser aus dem Samowar verdünnt wird. So kann jeder Gast den Tee nach
seinem oder ihrem Belieben genießen.
Kamzul
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Камзóл, Kamzól, Kömsel, Kamzul (kasachisch, kirgisisch, baschkirisch, tatarisch)
Prachtvolles, ärmelloses, hüft- bis knielanges Gewand für Frauen.
Es wird vorn an der Taille mit einer Schmuckschnalle geschlossen. Getragen wird es
ber einem langen, gestuften Rock. Früher war der Kamzul in einfarbigem Samt, Seide
oder Atlas gefertigt und reich bestickt, oft mit Goldfäden. Die Ornamente gaben
Aufschluss über die Stammeszugehörigkeit.
Manch einem weiblichen Ehrengast wird bis zum heutigen Tag ein Kamzol
zum Abschied geschenkt. Allerdings wird jetzt oft Synthetikstoff verwendet,
und gestickt wird maschinell.
Porzellankanne
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Diese bauchige Porzellankanne mit Deckel hat eine weite Reise hinter sich.
Sie wurde in den 80er Jahren in der UdSSR hergestellt und ist von seiner
letzten Besitzerin 1990 aus Kasachstan mitgebracht worden nach Deutschland.
In Kasachstan wurde zu jeder Tageszeit schwarzer Tee getrunken.
Andere Teesorten gab es auch, aber sie waren für besondere Anlässe und den
Gästen vorbehalten. Tee zu trinken ist eine beliebte, gesellige Aktivität.
Formeisen
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Als in den 70er Jahren in der Sowjetunion die Auswahl an Süßigkeiten noch gering war, konnten mit diesem Formeisen in jeder Küche selbst Lutscher gemacht werden.
Zucker und Wasser wurden über eine längere Zeit gekocht, dann wurde die Flüssigkeit mit Lebensmittelfarbe eingefärbt und in die Formen gefüllt. Es wurde ein hölzener Stiel eingelegt und das Ganze kam in ein Kühlfach. Am nächsten Tag konnten die Kinder die Lutscher in verschiedenen Tierformen genießen.
Fibel
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Bis 1938 gab es im Gebiet der heutigen Ukraine deutsche Schulen. Diese Lesefibel wurde 1937 in Kiew gedruckt
Die Kinder konnten mit ihr das Schreiben und Lesen der deutschen Sprache erwerben.
Die Geschichten in dieser Fibel sind einprägsam. Sie erzählen beispielsweise von der Not der
Bauern und Arbeiter vor der Revolution, von hartherzigen Fabrikbesitzern und den Reichen,
die Menschen mitleidlos ausnutzen. Zu lesen ist auch von der Bedeutung der Roten Armee und
welche Aufgabe sie hat. Die Kinder lernen nicht nur das Lesen, sondern zugleich auch die Welt
auf eine bestimmte Weise zu sehen.
Reiherente
Stapelspielzeug 70er Jahre
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Könnte dieses Spielzeug eine Reiherente mit schwarz-weißem Gefieder sein?
Stapelspielzeuge aus Holz waren in der UdSSR in den 60er und 70er Jahren sehr beliebt. Dabei werden Holzringe auf eine Stange gezogen und nach Farben und Größen sortiert. Bei diesem Exemplar kommt als letztes ein Vogelkopf obenauf. Doch halt! Reiherenten haben doch keinen roten Schnabel!
Schale
Viele russlanddeutsche Familien haben zumindest ein Exemplar mit nach Deutschland genommen: eine emaillierte Schüssel, die in der Sowjetunion als Essgeschirr benutzt wurde.
In Deutschland sind sie Erinnerungsstücke und werden auf den Tisch gebracht, wenn man mit Freunden zusammensitzt und an frühere Zeiten denkt. Diese Schüssel zeigt auf ihrem Boden einen Erdbeerstrauß
Schienennagel
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Alfons Gehrmann war 15, seine Schwester 16, als im April 1945 Soldaten der Roten Armee die beiden in Danzig auf dem Nachhauseweg von der Schule mitnahmen und mit Dutzenden Frauen, Jugendlichen und Alten in einen Eisenbahnwaggon steckten.
Vier Wochen später fand er sich in Kasachstan wieder, unterwegs war die Hälfte der Waggon-Insassen gestorben.
In Kimpersaj bei Aktjubinsk, heute Aktöbe (Aqtöbe) musste die beiden in einer Ziegelei, dann in der Nickelgrube arbeiten.
Die Schwester wurde 1947 entlassen, Alfons kam erst 1949 wieder nach Hause, aber beide hatten überlebt.
Alfons erzählte oft, dass kasachische Frauen trotz Verbots zum Stacheldrahtzaun kamen,
um den Gefangenen selbstgebackenes Fladenbrot hinüberzuwerfen. Sie hungerten selbst.
Alfons Gehrmann starb 2012 in Berlin. Vorher schaffte er es noch, Kimpersaj zu besuchen
und dort einen Gedenkstein für die zivilen Kriegsgefangenen aufzustellen, die das Arbeitslager nicht überlebt haben.
Er brachte ein Erinnerungsstück von dort mit: Diesen Schwellennagel von der alten Industrie-Eisenbahnlinie,
auf der Nickel und Ziegel aus Kimpersaj wegtransportiert wurden.
Holzlöffel aus Kasachstan
Leihgabe eines älteren Herrn aus Bersenbrück
Dieser Holzlöffel mag inzwischen 100 Jahre alt sein. Er gehörte der Großmutter des Leihgebers
Der Leihgeber möchte nicht genannt werden, es ist ein älterer Herr.
Er nahm diesen Löffel mit nach Deutschland, um sich an die Liebe seiner Oma zu erinnern.
Ein Holzlöffel war ein gewöhnlicher und in Kasachstan recht beliebter Haushaltsgegenstand.
Seine Oma benutzte ihn ständig. Sie brauchte ihn beispielsweise, um Sahne und Sauerrahm von der
Milch abzuschöpfen, da dafür keine metallenen Gegenstände verwendet werden durften.
Ebenso diente er zum Servieren von Speisen wie Suppen oder Brei aus großen Töpfen.
Die Großmutter war eine bedeutende und geliebte Person in der Familie.
Sie kümmerte sich um den Haushalt und um die Erziehung ihrer Enkelkinder. Vor dem Zweiten Weltkrieg
lebte die Großmutter im deutschen Dorf Bogoslowskaja. Sie wurde nach Kasachstan in das Gebiet
Semipalantinsk deportiert.
Liederbuch mit christlichen Liedern
Leihgabe des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte
Dieses christliche Liederbuch wurde in den 50er Jahren hergestellt. Es enthält die Lieder ihrer Gemeinde
Sie wurden in einem normalen Schreibheft wie man es auch aus Schulen kenn, aufgezeichnet. Das Heft wurde von seiner Besitzerin dem Museum für Russlanddeutsche Kultur geschenkt. Die Familie stammt aus aus Frunse in Kirgisien. Die meisten Lieder sind in russischer Sprache, aber einige Lieder sind auch in Deutsch.
1000 Tenge-Banknote
Leihgabe von Dagmar Schreiber
Dieser Schein ist nicht mehr gültig, aber er gehört zu einer Serie der schönsten Geldscheine der letzten 30 Jahre.
Als der 1000 Tenge-Schein noch gültig war, konnte man damit beispielsweise 20 Mal mit dem
Stadtbus fahren. Der kasachische Tenge hat den russischen Rubel 1993 von einem Tag auf den
nächsten abgelöst. Die Währung Tenge ist nur im Inland erhältlich.
Für einen Euro bekommt man im
Moment (2025) etwas über 500 Tenge. Fünf Fladenbrote könnten davon gekauft werden.
Die Tenge-Scheine werden in Deutschland in der Bundesdruckerei gedruckt.
Kasachstans Geldscheine sind drei Jahre in Folge von der International Bank Note Society als schönste
der Welt ausgezeichnet worden.
Zeugnis
Leihgabe des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte
Kasachisches Abschlusszeugnis für Genrih Mantler Abramowitsch aus dem Jahr 1951
Dieses Zeugnis zeigt, dass Genrih Mantler in allen Fächern ein guter Schüler war:
In kasachischer und russischer Sprache und Literatur, in Mathe und den
Naturwissenschaften. Er wurde in der Geschichte der UdSSR unterrichtet
und auch in allgemeiner Geschichte.
Das Fach, das hier mit "Verfassung der UdSSR" bezeichnet wird,
könnte bei uns Staatskunde heißen. Ein Schulfach, das in Deutschland nicht
unterrichtet wird, ist Astronomie.
Grußkarte
Leihgabe des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte
Schneller als eine Rakete oder zumindest gleichauf ist Väterchen Frost mit seinen Pferden zum Neuen Jahr unterwegs.
Farbenfroh und optimistisch zeigt die Grußkarte den Glauben an den technischen
Fortschritt. Gedruckt wurde diese Karte vom Ministerium für Kommunikation
der Sowjetunion im Jahr 1977.
Der Gruß ist adressiert an Iwan Petrowitsch. Er wohnte im Gebiet Orenburg
im Rayon Krasnogwardesjki in der Siedlung Pjatiletka im Haus 23. Sicherlich
lebte er dort mit seiner Familie, denn die Karte wünscht nicht nur ihm, sondern auch
den geehrten Menschen Wanja, Lida, Sascha, Vitja, Eugenia und Dima alles Gute zum
Neuen Jahr 1978! Gesundheit und alles Gute auf der Arbeit und beim Lernen.
"Seid glücklich!", ruft der Schreiber dem Adressatenkreis zu.
Dreieckbrief
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Lilli Putjutina aus Balaschov, dem Gebiet Saratow schrieb im Mai 1943 an ihre Freundin Usi einen langen Brief.
Usi ist Deutsche, sie befindet sich ein einem Arbeitslager an der Mongolischen
Grenze. Sie haben früher gemeinsam an der Wolga gelebt und
über ihre Zukunft nachgedacht. Sie schreibt:
"Meine liebe Usi! Heute, nach
langer Zeit, finde ich endlich Gelegenheit, dir ein paar Zeilen zu schreiben.
Mein lieber Schatz, wie sehr möchte ich dich wiedersehen! Trotz allem bleibe
ich zuversichtlich, dass wir uns bald wiedersehen werden. Wir alle hier sind
gesund, was ich auch euch wünsche. Der Frühling ist bei uns in vollem Gange.
Ich gehe oft in den Garten, um frische Luft zu schnappen. Die Apfelbäume blühen
so schön! Aber ohne dich ist mir trotzdem traurig zumute. Ich erinnere mich ständig
an unsere gemeinsamen Spaziergänge.
Mein Schatz, ich hoffe, es geht dir gut und du bist gesund. Ich warte sehnsüchtig
auf deine Antwort. Erzähl mir, wie es dir geht, was du so machst. Ich freue mich
auf jede Nachricht von Dir. Bleibe gesund, meine Liebe. Ich umarme dich fest."
Galoschen
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Galoschen waren ein sehr verbreitetes Schuhzeug in der UdSSR.
Diese Galoschen wurden zusammen mit Filzstiefeln (Walenki) getragen.
Sie halten Matsch und Regen vom Stiefel fern.
Fufaika
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Eine Fufaika ist eine schwarzfarbene, langärmlige gesteppte Jacke mit Knöpfen zum Verschließen.
Diese Art der Steppjacke entstand in der Sowjetunion in den 1930er Jahren
und war Teil der Uniform der Roten Armee. Zwischen dem inneren Futterstoff
und dem Oberstoff befindet sich ein Vliesstoff, der für die Isolierung von
Wärme sorgt.
Ab 1943 wurde diese Jackenart auch im Zwangsarbeitslager der Trudarmee
getragen. Die Arbeiter erhielten sie als Nachlass von den im Krieg
gefallenen Soldaten der Roten Armee.
Später war die Fufaika von Herbst bis zum Frühjahr die meistgetragene
Oberbekleidung für Werktätige. Diese Fufaika stammt aus den 1980er Jahren
und wurde bei der Ausreise nach Deutschland mitgenommen.
Walenki
Untertitel
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Walenki sind traditionelle Winterstiefel aus Filz. Sie sind in ganz Eurasien verbreitet.
Der frühere Besitzer nahm sie mit nach Deutschland.
Dass es hier im Winter kaum noch kalt wird, wusste der Einreisende nicht.
Er war vom deutschen Klima überrascht.
Die Filzstiefel sind eine Erfindung der
Nomadenvölker. Durch ihre hervorragende Wärmedämmung gehören Walenki zu
den wenigen Stiefeln, die für Temperaturen unter minus 30 Grad Celsius geeignet sind.
Dieses Exemplar hat eine Spur von darüber getragenen Gummigaloschen.
Porträt eines Kriegsgefangenen
von Michail Heidt, 1946
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Dieses Porträt trägt den erstaunlichen Titel "Rudolf Schmidt hat 180% des Plans erfüllt".
Der Künstler Michail Heidt fertigte das Portrait am 9. September 1946 an.
Rudolf Schmidt war ein Kriegsgefangener der Roten Armee,
Michail Heidt war Zwangsarbeiter in der Trudarmee.
Durch einen Stacheldrahtzaun hindurch haben sich der Künstler und der
Porträtierte kennenlernen. Michail Heidt hörte, dass im Kriegsgefangenenlager
Deutsch gesprochen wurde. Er konnte jedes Wort verstehen und wurde neugierig,
denn er war als Deutscher in der Wolgarepublik aufgewachsen.
Der Soldat konnte nur ein paar Wörter Russisch. Er tat ihm leid,
denn er sah sehr blass und mager aus. In seinem Gesicht war keine Freude mehr zu sehen.
Er war nicht der einzige Deutsche Kriegsgefangene,
er gehörte zu einer großen Einheit.
Lange Gespräche konnten der Künstler und der Portraitierte nicht miteinander
führen, weil die Wächter dann auf die Deutsche Sprache aufmerksam geworden wären.
Auch besonders gefährliche Themen, wie Politik und "Krieg" haben
sie sorgsam meiden müssen, denn sie wären hart bestraft worden,
wären sie erwischt worden. Der Titel "Plan auf 180 % erfüllt" wurde
gewählt, um das Porträt mit weniger Gefahr aus dem Lager schmuggeln zu können.
Die beiden sahen sich ungefähr einen Monat, dann wurde der Künstler in ein anderes
Arbeitslager versetzt.
Erdhütte
Aquarell von Michael Heidt, 1946
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Michael Heidt wurde 1943 unschuldig verhaftet und für 8 Jahre in einem Arbeitslager inhaftiert. Dort wurden die Gefangenen in Erdhütten (russisch Zemljanki) einquartiert, die überfüllt waren.
Es gab keine Lüftungen obwohl der Raum vollgepfropft war mit Menschen. So war am Morgen keine Luft
mehr zum Atmen.
Tagsüber wurden die Arbeiter in den Wald getrieben, um Bäume zu fällen und das Holz zu stapeln.
Es waren lagen Winter mit viel Schnee bei durchschnittlich minus 20 Grad Celsius. Am Abend, wenn
sie zurückgingen aus dem Wald ins Lager, war die Kleidung nassgefroren.
In der Erdhütte gab es nur einen kleinen Eisenherd, den sie sich teilen mussten.
Oft musste man morgens wieder nasse Kleidung anziehen.
Kasachischer Hausmantel für Kinder
Leihgabe von Maria
Hausmäntel waren in Kasachstan sehr beliebt, man zog sie nicht nur nach dem Baden oder Duschen an, sondern immer dann, wenn man es sich gemütlich machen wollte.
Die Hausmäntel sind, anders als Bademäntel in Deutschland, ein gutes Kleidungsstück,
das man auch tragen kann, wenn überraschend Gäste kommen.
Bademäntel sind deutlich kürzer als kasachische Hausmäntel, die bis auf die Füße reichen.
Russisches Tuch für Frauen
Leihgabe von Maria
Es erfordert ein wenig Übung, das Tuch so zu tragen, dass es schick und elegant aussieht.
Wenn es kalt ist, und man es richtig anlegt, kann man auch Kopf und Hals bedecken.
Maria hat es von einer russischen Freundin geschenkt bekommen.
Bronzeskulptur von Jakob Wedel
um 1990
Leihgabe des Museums für Russlanddeutsche Kulturgeschichte
Ein Jahr nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion 1941 wurden alle deutschen Frauen im Alter zwischen 16 bis 45 Jahren in die Trudarmee zur Zwangsarbeit einberufen. Über 6000 Mütter mussten sich innerhalb weniger Stunden von ihren Kindern trennen. Der Künstler Jakob Wedel konnte das, was er erlebte, nicht vergessen. Die Bilder der Trennung, das Weinen und Schluchzen hatte er noch Jahre später im Ohr.